Karel Weinfurter

 

„Auszug aus Meister Vasistha´s Lehre“

 

Von der Kraft der Gedanken

 

 

 

Der Weise, der den Upanishad Mundaka vor langer Zeit niederschrieb, sagte: „ Nach welchen Welten sich ein Mensch reinen Herzens in seinen Gedanken sehnt, welchen Gegenstand er auch immer besitzen möchte, er erlangt diese Welten und diese Gegenstände!“

 

Ähnlich spricht Meister Vasistha. Er sagt vom menschlichen Gedanken:“ Der menschliche Gedanke ist fähig, alles zu vollbringen.“ Was er in seiner Vorstellung festhält verwirklicht sich. Alles mit der ganzen Kraft der Seele Gedacht materialisiert sich und verwirklicht sich. „Der Gedanke ist mit schöpferischer Kraft ausgestatten.“ Der Gedanke kann aus sich heraus Gegenstände entwickeln. „Er ist der Schöpfer der Welten, die gerade in der Form in Erscheinung treten, wie sie vom Gedanken gebildet wurden. So treten Zeit und Raum je nach der Vorstellung der Seele in Erscheinung.“

 

„Der Gedanke stellt sich die Welt und den Körper in Übereinstimmung mit seinem freien Willen vor, so wie eine zauberhafte Erscheinung. Jeder Gedanke hat diese Macht.“

 

Wir sehen, dass die Lehre von der schöpferischen Gedankenkraft mit der Lehre Mulfords und anderer Schriftsteller, die Mulford nachahmten, vollkommen übereinstimmt. Doch sind wir hier bei der wahren Wurzel dieser Lehre angekommen. Es ist wichtig, sich dieser Macht der Seele und der Kraft des menschlichen Gedankens bewusst zu werden und es ist wichtig, sich dieser Kraft richtig und vorteilhaft zu bedienen.

 

Dass der Glaube dazugehört ist selbstverständlich. Doch es gehört auch das Wissen hinzu, denn ohne Wissen wie diese Kräfte angewandt werden sollen, wären diese uns wenig von Nutzen.

 

Vasistha sagt weiter: „Jeder Mensch kann alles, was er sich wünscht, erreichen. Wann immer er kämpft, um etwas zu gewinnen, gewinnt er ganz bestimmt. Der Gedanke aus sich allein ist der Geber des Erfolges seiner eigenen Anstrengung, obwohl er dies im Gewande eines Gottes oder eine Sühne tun kann.“

 

Das bedeutet, dass der Mensch sich mit seinen Gedanken, Vorstellungen und Imaginationen, ob guten oder bösen, all das hervorzaubert – obwohl er nach seiner Meinung oder nach seinem Glauben so scheint, als ob die guten Dinge, die er sich geschaffen hat, das Geschenk eines Gottes seien oder aber die bösen Dinge, die er sich geschaffen hat, die Strafe irgend eines bösen Wesens wären.

 

„Nichts anderes als unser eigenes Bemühen ist es, das uns Gutes bringt! Kein anderes Wesen ist für das verantwortlich, was wir erlangen, denn alles ist die Folge des menschlichen Gedankens. Es existiert nichts unter der Sonne, das nicht von jedem Menschen mittels rechter Bemühung erreicht werden könnte.“

 

Das bedeutet, das wir eine bestimmte und systematische Gedankenübung machen müssen, um zu erreichen, was wir uns wünschen. Diese Übung, verbunden mit Regelmässigkeit und Wunschkraft, muss unsere ganze Seele erfüllen, um zum gewünschten Erfolg zu kommen. Dasselbe sagt auch Jesus Christus: „ Alles, um was ihr den himmlischen Vater bitten werdet, glaubend, dass ihr es schon besitzet, wir er euch geben. (Nach einer tschechischen Bibelübersetzung.)

 

„ Jeder Mensch erreicht das, woran sein Herz hängt. Die Substanz des Gegenstandes ist so, wie wir glauben, dass es so ist. Sogar das Gift kann in Nektar verwandelt werden, wenn wir dauernd die Vorstellung haben, dass dem so ist. Und mancher Feind wir sich wie ein Freund verhalten, wenn wir fest davon überzeugt sind, dass er unser Freund ist. Wir erleben, was wir denken.“

 

„ Wenn wir uns einen Augenblick wie eine Ewigkeit vorstellen so dünkt er uns eine Ewigkeit und umgekehrt. Dieselbe Nachtzeit kommt uns wie eine Ewigkeit vor, wenn unsere Gedanken voller Schmerz und Trauer sind, und wie ein Augenblick, wenn wir fröhlicher und glücklicher Gedanken sind.

 

Durch starke Gedanken erleben wir eine Süssigkeit wie eine Bitterkeit und umgekehrt. Manchmal werden Menschen durch ihre Vorstellung von einem Dämon getötet, der überhaupt nicht existiert. Wir erleben als Wirklichkeit nur das, von dem wir denken, dass es Wirklichkeit ist. Die Dinge wirken nur in Übereinstimmung unserer Vorstellung, die wir von den Dingen haben, auf uns.

 

Nur durch den Gedanken erleben wir die Täuschung und erfahren durch ihn Geburt und Tod, und nur durch den Gedanken sind wir an die Welt gekettet – und erlöst. Sämtliche Zustände des Glücks oder des Leidens, im Himmel und in der Hölle, sind Ergebnisse unserer eigenen Gedanken.“

 

„Die Seele wird sich bewusst und schreitet in ihrem Bewusstwerden eines Gegenstandes gerade in jener Form fort, in welcher sie sich seine Existenz im festen Glauben vorstellt. Es gibt nichts Wahres oder Falsches aus dem Sein heraus, sondern alles erscheint uns gerade in der Form, wie wir glauben, dass es so ist.“

 

Dieser Satz ist von grosser Bedeutung für unsere Glaubenseinstellung. Er gibt uns Licht für das, was wir glauben und nicht glauben sollen und auch, dass unser Glaube die treibende Kraft ist, die unser Glück und unser Leid schafft. Auf diesem Glauben gründen sich sehr viele moderne okkulte Lehren und viele moderne Schriftsteller bedienten sich in ihren umfangreichen und sehr verbreiteten Schriften dieser Wahrheit, ohne sie von Grund auf zu kennen.

 

Der „Neugedanke“ ist nichts anderes, als der Gebrauch dieser okkulten Lehre im praktischen Leben. Zugleich aber führen uns diese letzten Worte des grossen Meisters auf den richtigen Weg, wie wir unseren Glauben anwenden und pflegen sollen.

 

Wir wissen sehr gut, was Jesus Christus vom Glauben verkündete. Der Glaube ist wahrhaftig eine Macht und eine alles bewirkende Kraft. Wichtig ist, einen richtigen Glauben vom Leben nach dem Tode zu haben, denn danach richtet sich unser Schicksal nach dem Tode. Daran möge sich jeder Schüler täglich erinnern.

 

„Im Einklang mit unserem andauernden und verstärkten Glauben arbeiten wir, vollenden wir und erreichen wir die Dinge unserer Sehnsucht und wenn wir uns ihrer bedienen, werden sie zu unseren Fesseln.

 

Der Mensch denkt, nur das sei Wirklichkeit, woran er durch seinen Glauben gekettet ist und meint, es gäbe nichts Besseres als dieses.  Die Menschen haben verschiedene Ansichten über Pflichten, über den Wert der Dinge und Personen, über Freuden und Erlösung und zwar im Einklang mit ihren verschiedenen Überzeugungen und danach versuchen Sie auch ihr Ideal zu erreichen. Was immer ein reiner Sinn fest glaubt, dass es geschehe, wird ihm in kurzer Zeit zuteil. Das Gift wird zum Nektar und die Unwirklichkeit wird zur Wirklichkeit durch den Glauben. Wir nehmen durch unsere Sinne nur das wahr, woran wir glauben.“

 

Darum ist auch unsere ganze sichtbare Welt nur durch unsere Vorstellung und unseren Glauben hervorgerufen, dass sie so und so aussieht. In Wirklichkeit existiert vom geistigen Standpunkt aus dieWelt gar nicht, denn sie ist nur eine Vorstellung. Je nach dem Masse der Tiefe, Innigkeit und Konzentriertheit sind unsere Gedanken mehr oder weniger mächtig. Je ständiger wir uns mit einem Gedanken befassen, umso mächtiger wird er.  Der weise Vasistha nennt dies Abhyasa (Übung der Gewohnheit).

 

Das ständige Denken einer Idee, das Sehnen danach und die Vorstellung davon trägt sehr viel zur Materialisation dieser Idee bei. Es ist ersichtlich, dass sich dieses Gesetz am wertvollsten bei der mystischen Konzentration auf die innere Gottheit geltend macht, denn es bringt dem Schüler das denkbar Beste – die Erkenntnis Gottes und die Vereinigung mit ihm.

 

„Die Wiederholung ein- und derselben Sache nennen wir Abhyasa. Es wird auch Purusartha genannt. Ohne dieses kann nichts erreicht werden. Die Dinge werden für uns zu dem, wie wir sie uns wiederholt vorgestellt haben. Der seelische oder feine Körper wird durch dauernde Konzentration verfeinert. Durch wiederholte Bemühungen können auch die schwierigsten Dinge verwirklicht werden. Ja sogar das Gift kann zu Nektar verwandelt werden, wenn wir durch wiederholtes Denken davon überzeugt sind, dass dem so ist. Unaufhörlich und wiederholtes konzentriertes Denken ist das Geheimnis zum Erfolg.“

 

Unerschüttliche Entschlossenheit ist ein weiterer wichtiger Punkt, der zur Verwirklichung unserer Gedanken und Wünsche beiträgt. Es gibt nichts auf der Welt, dass sich nicht der festen Entschlossenheit eines Menschen beugen müsste.  Es gibt keine Kraft, die sich der Macht eines entschiedenen menschlichen Gedankens entgegenstellen könnte.

 

„Es existiert keine Kraft auf der Welt, die sich einem entschiedenen Gedanken entgegenstellen könnte. Was immer für ein Gedanke seine Wurzeln in seiner Seele versenkte, kann nur eben wieder allein von dieser Seele ausgerottet werden. Ein Gedanke, der tief in einer Seele gesenkt wurde, kann aus ihr durch kein Mittel entfernt werden, weder durch den Tod, weder durch einen Fluch.“

 

„Unser gegenwärtiger Zustand ist so, wie er gewollt war. Und kann durch festes Wollen in einen anderen Zustand gewandelt werden. Glaubt jemand durch die absolute Wirklichkeit (Gott) getrennt zu sein, so ist er es. Und wenn jemand glaubt, dass er Brahma sei, so ist er es auch. Wir begrenzen uns durch unsere eigenen Gedanken. Ein Kind sieht irgend ein Phantom so lange, so lange der Gedanke an jenes Phantom in seinem Sinne lauert. Verschwindet der Gedanke, so gibt es auch kein Phantom mehr.“

 

Unser Gedanke ist auch der Schöpfer unseres Glücks oder Unglücks. Von unserem Sinneszustand hängen unsere sämtlichen Freuden oder Sorgen ab. Ja sogar Sklaverei und Freiheit sind Zustände unserer Sinne und werden durch unsere Gedanken hervorgerufen. Niemand kann uns glücklich oder unglücklich machen, gefangen nehmen oder befreien als nur unsere Gedanken.

„Alles, auch Sklaverei und Freiheit, liegt am menschlichen Sinn. Die Vergrösserung oder Verkleinerung (dieser Zustände) liegt in der Hand unseres Sinnes. Er ist der Schöpfer all unserer Freuden und Sorgen. Es sind die Sinne die getäuscht werden. Die Geburt und Tod erleben, die entweder gefesselt werden oder die Erlösung erfühlen.“

 

„Unsere Umwelt und unsere Verhältnisse, in denen wir leben, wurden durch unsere Sehnsucht materialisiert. Unsere objektive Welt ist nur eine Projektion unserer eigenen Vorstellung und durch unser Verlangen verwirklicht.“

 

„Das Erleben der Welt fällt oder steigt in der Übereistimmung der Wünsche. Es ist dies ein langer Traum, den sich unsere Seele vorstellt. Wer immer in seinem Herzen einen Wunsch hegt, dessen Wunsch erfüllt sich in der Welt. Diese objektive vielgestaltete Welt, vor uns wie eine zauberhafte Erscheinung ausgebreitet, ist durch unsere eigenen Gedanken, durch unsere eigenen Wünsche und Berührungen, die verschiedene Formen annehmen, geschaffen.“

 

Vasistha sagt, dass auch unser Körper durch unsere Gedanken geschaffen wurden und dass er durch dies in die verschiedensten Zustände versetzt werden kann. Viele körperliche Krankheiten haben ihren Ursprung im falschen Denken und können nur durch richtiges Denken geheilt werden.

 

„Der Körper wurde von der Seele geschaffen, um ihn als ihr Werkzeug zu benutzen, so wie ein Seidenspinner um sich den Kokon bildet. Die Seele bildet den Körper aus dem Material ihrer eigenen Gedanken. Der Körper verändert sich in Übereinstimmung der Gedanken, mit denen sich die Seele befasst.  Der stoffliche Körper wird jetzt so empfunden, wie wir ihn uns in der Vergangenheit eifrig vorgestellt haben.“

 

Vasistha unterscheidet zwei Arten von Krankheiten: körperliche und seelische.

 

„Seelische und körperliche Krankheiten sind zwei Ursachen des Leids. Die Erlösung davon ist ein Glück. Die Unordnung und Disharmonie des stofflichen Körpers heisst körperliche Krankheit. Die Zerrüttung der Sinne heisst seelische Krankheit.  Beide Krankheiten aber wurzeln in der Unwissenheit und können durch die Erkenntnis der Wirklichkeit (Gott) geheilt werden.“

 

Ferner zeigt uns der Weise wie diese Krankheiten entstehen.

 

„Eine bedrückende seelische Störung entsteht, wenn sich der einfältige Mensch über etwas kränkt, was er erreicht hat, oder über etwas sich kränkt, was er nicht erreicht hat. Damit sich die Wünsche der unwissenden Menschen, die in ihren unbeherrschten Gedanken kreisen, erfüllen, begehen sie oft arge Fehler. So nehmen sie oft ungesunde Nahrung zu sich, reisen nach Gegenden, die ihnen gesundheitlich nicht zusagen, arbeiten zur unrichtigen Zeit, benehmen sich in unrichtiger Art, verkehren mit unerwünschten Personen, geben sich schlechten Gewohnheiten hin, und so weiter.

 

Auf Grund dessen entsteht viel Unordnung in ihrem Körper, wie Verstopfung der „Nadis“ (Durchgänge oder Kanäle des Lebensstromes) oder deren Schwächung, so dass sie unfähig werden, genügend Lebenskraft in alle Teile des Körpers zu leiten. Fliesst der Lebensstrom (Prana) nicht richtig in den Körper ein, so entsteht im ganzen Körpersystem Disharmonie und daraus entstehen dann körperliche Krankheiten.“

 

Vasitha sagt weiter, dass die seelische Disharmonie der Grund für körperliche Erkrankung ist. Er erklärt dies so:

 

„Die Disharmonie oder Störung im Körper erfolgt nach der Disharmonie im Denken. Herrscht Disharmonie im Denken, so wird danach das Einfliessen des Lebensstromes (Prana) gestört. Wenn die Lebensströme unrichtig fliessen, so sind die Nadis desorganisiert. Einige von Ihnen bekommen dann mehr Lebenskraft zugeteilt als wünschenswert ist und werden dadurch stärker. Andere dagegen sterben ab, weil sie zuwenig erhalten.  Dies veranlasst dann schlechte Verdauung, manchmal setzt sie ganz aus – oder eine zu starke Verdauung. Alles, was unter diesen ungeordneten Bedingungen gegessen wird, hat schlechte Folgen.  Oft werden unverdaute Nahrungsteilchen vom Lebensstrome in andere Organe getragen; manchmal setzt sich ein unverdauter Stoff im Körper fest. Und dort löst er sich auf und gebiert viele Krankheiten. Auf diese Weise ist seelische Unausgeglichenheit der Grund unserer körperlichen Krankheiten, die nur durch Entfernung der Ursachen geheilt werden kann.“

 

Nach Vasitha ist die Zurückgewinnung der seelischen Harmonie eigentlich ein Heilmittel für körperliche Krankheit. Der Leser sieht, wie sich die Lehre des grossen indischen Meisters mit der Lehre Mulfords deckt. Wir kommen jedoch zu noch interessanteren Dingen. Zu dem wie dies geschehen soll sagt er:

 

„Das Vollbringen edler Taten und der Zusammenschluss mit Menschen guten Charakters reinigt die Seele und beruhigt die Sinne und darob durchfliesst den Körper Freude. Infolge des reinen Sinnes strömt die Lebenskraft richtig und harmonisch ein und reinigt das ganze Körpersystem, wodurch die Heilung erzielt wird.“

 

Vasistha ist auch von der Heilung durch Mantras überzeugt. Er sagt darüber:„Sowie Arzneien, zum Beispiel Sennesblätter, auf dem Körper durch ihre Natur eine purgierende Wirkung haben, so haben auch die Buchstaben, zum Beispiel ya,ra, la, va, und so weiter, mittels des Glaubens (der Überzeugung) eine bestimmte Wirkung.“

 

Diese Buchstaben sind aus dem Sanskrit und lauten in unserer Sprache i,r,l,v,. Damit bestätigt der Meister eine bei uns längst bekannte Tatsache, dass die Buchstabenübung eine heilende Wirkung besitzt, wenn sie vom Schüler wahrhaft gläubig durchgeführt wird. Diese Wahrheit hat einen viel weiteren Wirkungsbereich, als manchem Schüler bewusst ist. Wir ersehen daraus, dass die mystische Buchstabenübung nicht nur zur Ekstase oder Gotteserkenntnis führt, sondern auch eine heilende Wirkung hat und den Körper des Schülers harmonisch, widerstandsfähig und stark macht.

 

Bis jetzt erkannten wir, dass körperliche Krankheiten aus seelischer Disharmonie entstehen. Diese Disharmonie aber entsteht aus der Unwissenheit über das Grundprinzip des wahren Ich und auch über die Gegenstände und ihre wahre Beziehung zueinander. Darum sagt Vasistha:

 

Das Leiden ist von zweierlei Art: das gewöhnliche, das wir meistens erkennen und das ursprüngliche, das schon durch die Geburt in diese Welt entsteht.“

 

Wie also sollen wir dieses ursprüngliche Leiden heilen? Die Antwort darauf wurde schon zu Anfang der Lehre Vasisthas gegeben.

 

„ Die vollkommene Heilung von allen Leiden ist die Selbsterkenntnis. Das gewöhnliche Leid wird beseitigt, wenn wir erhalten, was wir uns wünschen. Doch das letztere Leid kann durch nichts geheilt werden als durch Selbsterkenntnis. Diese Arznei, die die Grundlage für alle anderen Arzneimittel zur Heilung der verschiedensten seelischen und körperlichen Leiden ist, reisst sie allesamt und sonders mit der Wurzel aus, so wie ein Fluss während der Regenzeit an seinen Ufern alle Ranken der Pflanzen entwurzelt.“

 

Damit wird bewiesen, dass der höchste Adept einen Körper wie aus Diamant haben muss, keiner Krankheit, keinem Leiden unterworfen, weder einem seelischen noch einem körperlichen. Er muss auch unabhängig von allen Karma-Einflüssen sein, so wie dies alle grossen Meister des Rosenkreuzers sind und waren.

 

B.L. Atreya, der Übersetzer dieses Buches bemerkt:

 

„Nicht nur, dass wir uns vom Kreislauf von Geburt und Tod durch die rechte Erkenntnis unseres Ichs (Atma) befreien können, wie dies oben dargetan wird, sondern wir können auch dadurch unser Leben schon hier glücklich gestalten und zwar durch rechtes Denken und richtige Lebensweise, wenn wir nur die Macht erkennen, die mittels der Gedanken wirkt. Beherrschen wir unsere Gedanken, so können wir gesund und harmonisch schon auf dieser Erde leben. Wenn wir uns nämlich entschliessen, über Krankheit und Leid zu stehen und uns gegen die Willensschwäche wehren, wenn wir nur richtige und gerechte Gedanken und Gefühle pflegen, wenn wir niemals zulassen, dass unser seelisches Gleichgewicht durch Ehrsucht, Sorgen, Befürchtungen und so weiter gestört wird, dann ist kein Grund vorhanden, warum sich eine Krankheit in den Tempel unseres Leidens einnisten soll.

 

Das Geheimnis eines langen und gesunden Lebens beruht im richtigen Denken.“

 

Das ist ganz im Sinne MulfordsUnd so lehrt Vasistha darüber : „ Was immer die Seele sich vornimmt, dass es erlebt werde, kann durch keinen anderen Faktor entfernt werden. Wer entschlossen und standhaft ist und wer keine Mühe scheut, der steht über allem Leid.“

 

Niemand glaube, dass diese Dinge nach einigen Monaten dauernder Übungen erreicht werden könne. Es braucht eine sehr lange Zeit und erfordert Mühe und einen noch grösseren Glauben dazu. Doch das Ziel ist so hoch, dass es dessen Wert ist.  Die Menschen laufen oft jahrelang einer unmöglichen Erfindung nach und wenn Ihnen auch die Lösung des Problems gelingt, kann Ihnen am Ende das Schicksal doch einen Streich spielen und ihre Erfindung wird Ihnen entweder gestohlen oder unmöglich gemacht oder nicht anerkannt. Dieselbe Anstrengung aber, auf eine rechte Gedankentätigkeit angewandt, kann keine Enttäuschung bringen und der Erfolg davon kann uns von niemandem streitig gemacht werden.

 

Weiter sagt Vasistha: „ Der weise Mensch, entschlossen und unerschrocken, steht ausserhalb der Angriffe von Sorge, Krankheit, Fluch und dem Bösen Blick anderer.“

 

Wir sehen also, welche wunderbare Macht unser Denken über Gut oder Böse hat. Darum ist es nicht verwunderlich, wenn Vasistha das Denken die Radachse der ganzen Welt nennt, die in all ihren Aspekten beherrscht werden kann, wenn wir unser Denken beherrschen, was nur eine andere Bezeichnung für unsere Gedanken, Willen und Wollen ist.

 

Vasistha sagt: „ Das Denken ist die Achse dieses wunderbaren Weltenrades, das uns durch seine Bewegung täuscht. Wenn durch den Verstand und durch Anstrengung das Denken zum Stillstand gebracht wird (d.i. in seinen Wünschen, Gedanken und Vorstellungen), dann steht auch das Weltenrad still.“

 

Das bedeutet jedoch auch, dass dadurch auch die Zeit zum Stillstand gebracht wird und wir befinden uns dann in der Ewigkeit.  Aber die Ewigkeit ist wiederum nur Gott, und so treten wir in Gott ein und erkennen Ihn. Es ist interessant, zu wissen, dass der indische Weise Maharishi sich eigentlich auf die Lehre Meister Vasisthas stützt, wo ein Zitat aus dem Buch „Yoga Vasistha“ zeugt. Dieses Zitat bezieht sich auf zwei Herzen im Menschen, nämlich auf das stoffliche und auf das Geistige Herz. Es ist enthalten in Maharishis Buch „Upadesa Saram“, auf Seite 49 im Original. Ebenfalls übernahm Maharishi die uralte Vorschrift von Meister Vasistha des Fragens nach Innen, um unser wahres Ich zu finden.

 

Vasistha sagt in seinem Buch „Yoga Vasistha“ auf Seite 139:“ Die Wahrheit kann ohne Denken nicht gefunden werden. Die Gedanken führen zum Frieden. Das Denken setzt sich aus dem logischen Forschen zur Ergründung des Rätsels: “Wer bin ich?“ und  Wie entstand diese Welt?“ zusammen.“

 

Sehr wichtig sind die Lehren Vasisthas über die Beherrschung des Schicksals und durch rechtes Denken und durch eigenes Bemühen.

 

Vasistha schreib darüber: „ Es gibt keinen anderen Weg, um sämtliche Leiden zu beenden, als unsere eigene Bemühung. Es existiert kaum etwas das durch richtige und ernste Bemühung nicht erreicht werden könnte.  Alles ist immer und vollkommen durch echte Bemühung erreichbar. Wenn sich jemand nach irgend etwas sehnt und wenn er anfängt, zu versuchen, das Ersehnte zu erreichen, erreicht er es, falls er keinen Rückschritt macht. Nur durch eigene Bemühung wurde Brihaspati Fürst über die Götter und auf dieselbe Weise erlangte Sukara die Macht über die Dämonen. Ebenso siegte Vishnu über die Dämonen und erreichte eine Weltordnung ausschliesslich durch sein Bemühen und nicht gestützt auf etwas ähnliches wie eine Berufung auf sein Schicksal.

 

In der Welt erhob sich eine grosse Menschenzahl aus dem niederen Stand der Not und Armut zu einem glücklichen Leben. Nur durch weise Bemühung befreite sie sich aus der gefährlichen Situation und nicht durch den lächerlichen Glauben an ein Schicksal. Der Mensch erringt nur das, wofür er kämpft und niemals wird durch Untätigkeit etwas erreicht. Jeder ist sein eigener Freund oder Feind.

 

Wenn wir uns nicht selbst erlösen, ist niemand, der uns erlöst. Darum sollen wir lernen, in rechter Weise tätig zu sein. Derjenige ist gewiss ein Einfaltspinsel, der sich auf sein Schicksal verlässt und glaubt, Gott schicke ihn absichtlich zur Hölle oder in den Himmel.

 

Derjenige, der glaubt, es gäbe ein anderes Wesen, der ihn zu schlechten Gedanken oder unerwünschte Taten zwinge und deshalb seine eigene Bemühung aufgibt, ist ein sehr armseliger Mensch, dessen Nähe wir Meiden sollten.  Es gibt keinen unter den tapferen Jüngern, die weise und erfolgreich sind, und die auf ein Schicksal warten. Der Narr, der glaubt, es läge alles in der Hand des Schicksals, vernichtet sich vollkommen selbst. Das Schicksal tut nichts und es existiert nur in unserer Vorstellung. Nur die Einfältigen meinen, es existiere ein Schicksal, und durch diese Imagination vernichten sie sich selbst.

 

Das Schicksal ist nichts anderes als das, was unausbleiblich geschieht, als Resultat guter oder schlechter Bemühungen, die wir schon ausgeführt haben. Die Früchte unserer Arbeit sind vorbestimmt, und das nennt man Schicksal. Wenn als Folge unserer Bemühungen etwas ganz bestimmt geschehen muss, sagt man, dies sei vorbestimmt. Frühere Taten, die bewusst und mit Entschlossenheit ausgeführt wurden und jetzt ihre Früchte tragen, machen unser Schicksal aus.  Die einzige Wirklichkeit ist die, dass es kein anderes Schicksal gibt als unsere eigenen Bemühungen, das sich uns jetzt als gutes oder schlechtes Resultat zeigt.

 

Weil dies die einzige Bedeutung des Schicksals ist, kann unser jetziges Bemühen so leicht geändert werden, wie ein Kind von einem Erwachsenen bezwungen wird.  Die bereits vollbrachte Bemühung nach irgend einer Richtung das jetzt unser Schicksal ausmacht und unsere Bemühung in entgegengesetzter Richtung durchgeführt, stehen sich wie zwei kämpfende Widder gegenüber, und der stärkere von beiden siegt bestimmt.

 

Genauso wie unrichtige Taten von gestern in Ordnung gebracht werden können, so kann die gegenwärtige Bemühung eine frühere ausgleichen. Aber immer ist es in einem solchen Falle unsere eigene Bemühung, die siegt. Ferner ist es sicher, dass von beiden Kräften – der vergangenen und der gegenwärtigen – die gegenwärtige Bemühung die stärkere sein kann und über die andere siegen kann, so wie ein Jüngling ein Kind niederwerfen kann.  Denn die Vergangenheit ist so wie sie ist, doch die Zukunft ist noch nicht festgelegt.

 

Darum sollten wir uns vornehmen unser unerwünschtes Schicksal durch grössere Bemühungen, mit entschlossener Kraft und Tapferkeit zu überwinden. Der Gedanke, dass vergangene Taten uns zu unerwünschten Zielen führen, sollte unterdrückt und ausgerottet werden, denn auf keinen Fall können vergangene Taten mit grösserer Kraft wirken als die gegenwärtigen. Es ist kein Zweifel daran, dass das Böse, ein Erbe der Vergangenheit ist, durch die Bemühungen in unserem gegenwärtigen Leben vollkommen vernichtet werden kann.

 

Wir dürfen nicht vergessen, dass nicht jede Bemühung produktiv ist, um das gewünschte Ziel durch sie zu erreichen. Es gibt solche, die sich ganz besonders zur Erlangung des Ziel eignen und andere, die sich nicht dafür eignen. Greift der Mensch zu falschen Bemühungen, sind sie nur Kraftvergeudung und eine Kräftezersplitterung nach falscher Richtung. Darum sollten wir erst wissenschaftliche Methoden kennen, wie das gewünschte Ziel zu erreichen ist, bevor wir mit unseren Bemühungen anfangen. Die Bemühung kann wissenschaftlich und unwissenschaftlich sein. Erstere führt uns zum gewünschten Ziel, letztere zum Misserfolg. Darum sollen wir nur die rechte Bemühung anwenden.“

 

Aus dem vorangegangenen Abschnitt Vasisthas ist klar zu ersehen, was unter wissenschaftlichen Bemühungen gemeint ist. Es ist der richtig konzentrierte Gedanke auf das gewünschte Ziel, ob es nun um die Verbesserung unseres Schicksals handelt oder um das höchsterreichbare Ziel, die Vereinigung mit Gott, das ist gleich.

 

Im Kapitel IV des Werkes von Vasistha lesen wir über die vorangehenden Bedingungen des Schülers, der zur Selbsterkenntnis gelangen will. Deren sind es vier. Erstens: Das Ruhigwerden. Zweitens: Die Zufriedenheit. Drittens: Die Gesellschaft Weiser (wörtlich: Guter). Viertens: das Denken (d.i. die Konzentration).

 

„Die Wahrheit leuchtet von selbst in der Seele eines ruhigen Menschen, der zu allen Wesen gleich gut und freundlich ist.  Derjenige ist ruhig, der gegen kein Geschöpf voreingenommen ist, der keinem Gegenstande (Wesen) etwas wünscht oder ihn beschuldigt und stets Herr seiner Sinne bleibt, dessen Sinne auch Mitten im Tode, bei Feierlichkeiten oder Kriegsgetümmel nicht erregt sind, der auch von den nicht endenwollenden Schwierigkeiten und dem Zeitgeist unbeschwert bleibt. Weder Geister, Menschenfresser, Dämonen, Feinde, Tiger, Schlangen und so weiter können einem Menschen von solcher Ruhe etwas anhaben.

 

Zufriedenheit: Niemals leuchtet Weisheit in einer Seele auf, die von Wünschen und Erwartungen beherrscht wird und ihnen preisgegeben ist und Zufriedenheit nicht kennt.

 

Alle Arten von Erfolg erwarten den zufriedenen Menschen. Zufrieden ist derjenige, der sich nicht wünscht, was er nicht hat, unberührt bleibt von dem, was er erhält und nicht weiss, was überschäumende Freude oder Bedrücktheit ist.

 

Die Gesellschaft Weiser bedeutet: Die Entfernung der Dunkelheit aus dem Herzen. Dies führt den Menschen auf den richtigen Weg und bewirkt, dass die Sonne des Wissens in seinem Herzen leuchtet. Derjenige der in der Gesellschaft von Weisen ist, bedarf keiner Busse, keiner Wallfahrt, keines Opfers, und keiner Tat der Barmherzigkeit.

 

Denken: Die Wahrheit kann ohne Denken nicht erkannt werden (Konzentration). Das Denken führt uns zum Frieden. Das Denken kommt vom logischen forschen nach der Frage „Was bin ich?“ und „ Wie entstand das Böse in der Welt?“ (Seite 138 – 139 im Original).

 

Die letzten Fragen sind ein Beweis dafür, dass sich Maharishi auf die Lehre Meister Vasisthas gestützt hat.               

 

 

       

 

Karel Weinfurter

"Auszug aus Meister Vasistha´s Lehre"

"Von der Kraft der Gedanken"